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Die Kamera zum Schlucken
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Vor zwei Jahren haben wir
schon mal berichtet. Jetzt ist sie endlich da. |
Minikamera im
Tablettenformat könnte Magenspiegelung ersetzen
(Meldung vom 30.5.2000)
Wer sich mit Magen- oder Darmproblemen
plagt, kennt das Grausen vor der Magenspiegelung mit dem Endoskop.
Eine Minikamera, nicht größer als eine Tablette, könnte aber dafür
sorgen, dass diese schmerzhafte Prozedur schon bald der
Vergangenheit angehört. Diese Art der Untersuchung wird auch mit
weniger Risiken verbunden sein, da Verletzungen oder Ansteckungen
nicht möglich sind.
"Die Methode ist völlig schmerzlos, die
Kapsel wird vom Patienten einfach verschluckt. Man merkt nicht
einmal, dass sie da ist", meint Paul Swain von der
Gastrointestinal Research
Unit <http://www.mds.qmw.ac.uk/gisru/> des Queen Mary &
Westfield College in London. Die Patienten müssten sich für die
"Untersuchung" nicht im Krankenhaus aufhalten.
Die etwa drei Zentimeter lange und ein
Zentimeter dicke Kapsel besteht aus einer Lichtquelle, einem
Sender und einer winzigen Videokamera. Auf diese Weise können
Magen (Bild a und b) oder Dünndarm (Bilder c bis h) untersucht
werden. Die Daten der Minikamera werden über den Sender an einen
Empfänger übertragen, der sich einfach am Gürtel mitführen lässt.
Nachdem die nur einmal verwendbare Kamera ausgeschieden wurde,
muss der Patient lediglich diesen Gürtel für die Auswertung beim
Arzt abgeben.
Die in Gemeinschaftsarbeit mit der
israelischen Firma Given Imaging Ltd.
<http://www.rdc.co.il/given.html> entwickelte Kamera soll
schon bald in Serienproduktion hergestellt werden.
[Quelle: Joachim Schüring und Nature vom
25.5.2000]
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Meldung von 07.04.2002 |
Zürich - Der Dünndarm war der letzte Winkel
unseres Verdauungstrakts, der sich bislang dem Blick von
Medizinern entzog. Das soll sich jetzt ändern: Eine verschluckbare
Videokamera, die in der Zürcher Klinik Hirslanden kürzlich
erstmals in der Schweiz eingesetzt wurde, liefert auch aus dem
Inneren des Dünndarms scharfe Bilder.
Mit einer herkömmlichen Endoskopie - einer Magen- oder
Darmspiegelung - blieb Ärzten bislang der Einblick in den grössten
Teil des sechs Meter langen Dünndarms verwehrt. Sie konnten dieses
Mittelstück nur indirekt mit Kontrastmittel-Röntgen,
Computertomografie oder Ultraschall beurteilen. «Kleine
Blutungsquellen beispielsweise oder Schleimhautveränderungen
wurden dabei oft übersehen», sagt Andreas Müller vom Gastrozentrum
Hirslanden.
Hier soll die neue Technik jetzt Klarheit schaffen. Nachdem die
amerikanische Gesundheitsbehörde FDA und die Europäische Union in
Brüssel die Minikameras zugelassen haben, ist das Verfahren jetzt
auch in der Schweiz möglich. Hirslanden, die erste Klinik, der das
Videosystem der israelischen Firma Given Imaging hier zu Lande
ausgeliefert wurde, hat in den letzten vier Wochen bereits acht
Patienten erfolgreich damit untersucht.
Die Videokamera
Details
steckt in in einer 26
mal 11 Millimeter grossen Kapsel, die der Patient wie eine
Tablette hinunterschluckt. Beleuchtet von einem zweimal pro
Sekunde blinkenden Blitzlicht wird ein acht Stunden langer Film
aufgenommen und gesendet. Antennen, die wie EKG-Elektroden auf den
Bauch geklebt werden, empfangen diese Bilder und leiten sie an ein
Aufzeichnungsgerät weiter. Nach acht Stunden kann das Gerät
einfach abgenommen werden. Die Kamerakapsel selbst verlässt den
Darm auf natürlichem Wege - und sollte wegen der Batterie
gesondert entsorgt werden.
Den Film von der Reise durch den Dünndarm kann sich der Arzt mit
einer speziellen Software ansehen, wann immer er Zeit hat. Doch
die Auswertung des Gesehenen ist gar nicht so einfach: «Wir haben
viele Dinge ja zuvor nie zu Gesicht bekommen und müssen daher erst
Erfahrungen sammeln», sagt Müller. Bei Unklarheiten könne man bis
dahin andere Experten konsultieren, die schon länger mit der neuen
Technik arbeiten.
Trotz ihrer unkomplizierten Anwendung - ohne Schlauch schlucken
und ohne Abführmittel - sind die Anwendungsmöglichkeiten der
Videokapsel beschränkt: Klein und nicht steuerbar ist sie für die
Untersuchung von Magen und Dickdarm (noch) nicht geeignet. Die
Aufzeichnungen solch grosser Hohlräume sind meist ungenau und
unvollständig. Zudem weiss man oft nicht, aus welchem Teil des
Dünndarms die Bilder stammen und man kann mit der Kapsel auch
keine Gewebeproben entnehmen.
Offen ist ferner, was die Untersuchung kosten wird und ob die
Krankenkassen dafür bezahlen müssen. Billig wird es jedenfalls
nicht: Zu rund 800 Franken für die Einwegkamera kommen vermutlich
400 Franken für die Hardware und 300 Franken für den Arzt -
insgesamt fast doppelt so viel wie eine Röntgenuntersuchung des
Darms kostet.
Über die Geldfrage wird bereits verhandelt, und auch die
technischen Voraussetzungen werden sich, so ist Müller überzeugt,
künftig ändern: «Ich könnte mir vorstellen, dass später einmal
Miniroboter Gewebeproben entnehmen.» Aber bis dahin kommt das
Verfahren nur für bestimmte Patienten in Frage: «In Teilbereichen
kann die Kamerakapsel die bisherigen Untersuchungstechniken aber
ablösen.»
Claudia Nientit
Neben der
Klinik Hirslanden setzen auch das CHUV in Lausanne und das Hôpital de La
Tour in Meyrin die Kamerakapsel ein
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